
Von der Donomore Cabin nach Cascade Locks: Tag 106 bis 122 (Kilometer 2803,8 bis 3459,7)
Auszeit vom Trail
Ich fahre am nächsten Morgen mit Purple Rain und ihrem Sohn nach Medford und verbringe den Tag mit ihnen und kann auch die Nacht bleiben. Am nächsten Morgen kaufe ich für Dirk Lebensmittel ein und mache seine Resupply Packete für Oregon fertig. Wir haben Kalifornien verlassen und damit den Luxus von vielen Orten entlang des Trails. Jetzt heißt es wieder, wie in der Sierra, den Resupply gut zu planen. Ein Packet hatten wir zu Beginn des Trails schon ins Resort am Cater Lake geschickt, ich mache noch zwei weitere für Dirk fertig, damit sollte er in Oregon nicht verhungern.
Die nächste Nacht verbringe ich in Medford im Motel. Dieses befindet sich auf der anderen Seite der Stadt. Die entspannte Wohngegend habe ich verlassen und ich bekomme einen anderen Einblick von Amerikas Alltag. Im Park in der Nähe des Motel haben sich viele Obdachlose mit Drogen- und mentalen Problemen niedergelassen. Auch diese Seite gehört zur USA und wir bekommen sie immer wieder zu sehen.
Ich nehme Kontakt zu den Trail Angels Honey Badger und Winchester auf, die wir in der Wüste kennengelernt und die uns mit Trail Magic erfreut haben. Sie hatten uns angeboten, dass, wenn wir Probleme haben oder eine Pause brauchen, zu ihnen nach Washington kommen können. Unsere Eisausrüstung haben wir schon nach der Sierra per Post zu ihnen geschickt. Pita und ich dürfen zu ihnen kommen bis Dirk mit Oregon fertig und Pita wieder gut erholt ist. Ich bin sehr dankbar dafür, diese unglaubliche Gastfreundschaft beindruckt mich immer wieder aufs neue. Die Frage ist nur, wie komme ich von Oregon nach Washington mit Hund ist das nicht so einfach. Ich recherchiere verschiedene Möglichkeiten und Kombinationen wie Flixbus, Mietauto und öffentliche Verkehrsmittel. Da bekomme ich von Winchester einen Anruf. Er holt mich morgen Mittag ab, ich müsste nur für den Sprit aufkommen. Ich bin sprachlos, diese Hilfsbereitschaft ist wieder so beeindruckend, fast schon etwas verrückt. Um Pita und mir zu helfen, fährt jemand 8 Stunden und fast 800 Kilometer und dann das Ganze wieder zurück. In deutschen Dimensionen wäre das, wenn jemand aus Hamburg mich aus Freiburg abholt, um mich nach Norddeutschland zu bringen.
Ich komme, früher als gedacht, zurück in die Wüste. Moses Lake liegt in der High Dessert von Washington. Aufgrund des Coleedammes ist es eine kleine Oase und alles grün. Zudem bin ich auch auf einer kleinen, privaten Farm. Es wusselt hier nur so von unterschiedlichen Tieren: Hunde, Katzen, Hasen, Hühner, Enten, Pfaue, Pferde, Ponys, Ziegen, eine Kuh und vieles mehr. Honey Badger hat mit Hilfe von Winchester mit viel Liebe und Arbeit einen wundervollen Ort geschaffen. Ich komme für die nächsten zwei Wochen in einem gemütlichen Campingwagen, der zudem noch akklimatisiert ist, unter.
Ich helfe bei der Versorgung der Tiere und bekomme dabei die Unterstützung von zwei älteren Brüdern mit einer geistigen Behinderung, die seit ein paar Jahren ein liebevolles Zuhause bei Honey Badger und Winchester gefunden haben. Wir Lachen viel während wir Pferdeäpfel aufsammeln oder dem jungen Pony beim Spielen mit einem riesigen Ball zuschauen. Ich werde selber auch super versorgt. Jeden Morgen komme ich in den Genuss von Winchesters leckerem Frühstück, was schnell dafür sorgt, dass ich die verlorenen Kilos von den Anstrengungen in der Sierra wieder zulege. Mein Rücken freut sich über die Pause und keinen Rucksack tragen zu müssen. Der letzte Tag zur Donomore Cabin, an dem ich Dirk und mein Gepäck tragen musste, war eindeutig eine große Belastung für meinen Rücken. Die Haut an den Beckenknochen sind gelb und braun verfärbt und dick angeschwollen.
Ich organisiere unseren Resupply für Washington und verschicke unsere Versorgungspackete. Die zwei Wochen vergehen dank der netten Gesellschaft sehr schnell. Auch Pita hat sich wieder gut erholt und ist nach ein paar Tagen das Energiebündel wie eh und je. Dank der zwei Wochen Pause können auch ihre Pfoten vollständig regenerieren. Es frustriert sie jeden Tag aufs neue, dass sie den leuchtend und schillernden blauen Pfau nicht jagen und als stolze Beute nach Hause bringen kann. Und sie beschwert sich lautstark, dass die kleine, freche Ziege mit der Glocke um den Hals, im Gegensatz zu ihr, frei herum laufen darf. Ich komme endlich mal wieder zum Lesen und bekomme von Winchster die passende Lektüre: the high adventure of Eric Ryback. Er war der erste Thru Hiker des PCT. 1971 wanderte er von Kanada zur mexikanischen Grenze, er musste Essen für 22 Tage schleppen, teilweise gab es noch keine markierte, zusammenhängende Wege. Unsere Ausrüstung ist dagegen purer Luxus und so was wie Trail Magic war noch nicht vorhanden. Seine Geschichte ist unglaublich beeindruckend.
Zu Dirk habe ich immer wieder Kontakt, ich verfolge sein Vorankommen, auch immer wieder mit Sorge. Jeden Tag brechen neue Waldbrände auf. Ich beobachte über Watch Duty die Waldbrände in Oregon entlang des PCT und versuche über die PCT Association Internetseite soviel wie möglich Informationen über Trail Schließungen und Empfehlungen zu bekommen und an Dirk weiterzuleiten. In Gedanken bin ich viel bei ihm und frage mich:
Was erlebt Dirk, während Pita und ich mich erholen?
Dirk:
„Nach dem tollen Abend an der Donomore Cabin wieder auf dem Trail zu starten ist ein Wort. Oregon alleine ist jetzt die ultimative Steigerung der letzten Male. Anders als vorher ist es auch irgendwie eine Challenge auf die ich Lust habe, mich ihr zu stellen. Für Silja ist es nicht so schön, so lange mit Pita zu pausieren. Also ist meine Challenge: „Oregon so schnell wie möglich zu durchlaufen“. Die Herausforderung fängt auch direkt an. Durch das Tragen von Pita sind meine Füße wund und schmerzen unangenehm. Trotzdem will ich viele Meilen schaffen. Nach dem langen Anstieg von der Donomore Cabin übernachte ich ganz nah am Highway nach Ashland und trampe in aller Früh in die Stadt und versorge mich für die nächste Etappe. Um 6 Uhr morgends ist es schon wieder unerträglich heiß und es dauert eine Stunde bis zwei nette, ältere Damen den ersten Tramper seit 20 Jahren mitnehmen und nur weil sie an meiner Ausrüstung erkennen, dass ich auch ein PCT Hiker bin. Zurück am Pass geht es durch schöne, dichte Nadelwälder. Die Temperaturen werden dadurch erträglicher. Laut Karte sehe ich eine Abkürzng zum Little Hyatt Reservoir, meinem Übernachtungsziel. Ich scheiß auf die PCT Moral und kürze ab. Meine Füße brennen wie verrückt und ich will mich einfach nur abkühlen. Der See haut mich wahrlich um. Ein idyllischer, schlichter Teich wie Zuhause im Schwarzwald. Zum ersten Mal schlage ich mein Zelt auf einer Wiese auf. Die Umgebung wirkt so entspannend und beruhigend auf mein Nervensystem, es ist einfach fantastisch.
Die Tour geht am nächsten Tag so weiter. Es soll sich auch die nächste Zeit durch Oregon nicht ändern. Der Weg ist ziemlich eben und ich bin weiterhin umgeben von schönem Nadelwald. Bei Kilometer 2839.4 eireiche ich den South Brown Mountain Shelter. Die Hütte ist nicht einladend für eine Übernachtung, voll mit Konserven und andere Hiker kochen und essen direkt neben der Hütte. Ich baue mein Zelt lieber so weit es geht von der Hütte weg auf, um Bärenkontakt zu vermeiden und ruhig schlafen zu können. Wasser wird mit einer alten Handpumpe aus der Zisterne gepumpt. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie ein anderer Hiker mich dabei filmt und fotografiert. Zurück am Tisch gebe ich meine Verwunderung kund, dass dies in der USA so einfach gemacht wird, ohne zu fragen. In Deutschland wäre es verboten. Es ist ihm sehr peinlich und er bietet mir an, das Material zu löschen. Grundsätzlich habe ich nichts dagegen fotografiert zu werden, aber ich möchte meine Bilder nicht überall veröffentlich haben. Mir reicht es schon, dass ich beruflich und auch durch diesen Blog sehr im Internet präsent bin.
Nach und nach treffen immer mehr Hiker ein, der der Platz füllt sich. Ich verziehe mich dann in mein Zelt. Auch sind einem nicht alle Hiker gleich sympatisch und manche mag ich einfach nicht.
Die Landschaft wird immer schöner. Ein traumhafter Teich bzw. See nach dem anderen. Immer tauchen bizarre Vilkangipfel auf und dadurch wird die Landschaft für meinen Geschmack ausreichende abwechslungsreich. Ohne die Hitze und die Schmerzen wären das eine Genusstour.

Moskitoplage und unheimliche, nächtliche Besucher
Bei Kilometer 2882.9 biege ich zum Deer Lake ab und schlage mein Zelt auf. Die Mücken terrorisieren mich so extrem, dass ich mich mit dem übelsten Deedspray dick einsprühe. Habe in den vielen Jahren in Skandinavien das nie benutzt. Hier würde ich ohne völlig ausflippen. Schnell noch den Bear Hang einrichten und zurück zum Zelt rennen, schnell aufmachen, reinspringen und wieder zu machen. In der kurzen Zeit haben sich ca. 50 Mücken eingefunden, die mit mir das Zelt teilen wollen. Also widme ich mich ihnen noch zum Abschluss des Tages, weil mein Zelt teile ich nur mit Pita und Silja. Ab unter die Decke und Licht aus. Ich bin fertig und will nicht mehr. Plötzlich ein unheimliches Brüllen. Habe ich noch nie gehört. Ein Bär, ein Hirsch oder was? Es kommt von ca. 100 Meter Entfernung, da wo mein Bear Hang ist. Shit ein Bär im Stimmbruch. Ich brülle zurück: er soll sich verpissen. Ruhe! Puh das Vieh ist zum Glück abgehauen. Jetzt kommt das Brüllen von der anderen See Seite. Ich sehe nichts in der Dämmerung, brülle zurück und es herrscht wieder Ruhe… für 3 Minuten, dann geht es wieder los. Nach 15 Minuten packe ich ein und gehe die 1,5 Kilometer zurück zum Trail und schlage mittlerweile in völliger Dunkelheit irgendwo mein Zelt auf. Die Situation war mir zu unheimlich. Ich wusste einfach nicht mit welchem Tier ich es zu tun habe und will nicht als Dinner enden.
An der letzten Wasserstelle vor dem langen Stück bis zum Mazama Village treffe ich Tahoe wieder. Ihn und seinen Kumpel hatten wir vor der Donomore Cabin kennengelernt. Als ich meine nassen Socken anziehe und loshumple, will er wissen, was los ist. Er stoppt mich und verarztet meine wunden Füße mit Tape und Moleskin. Ich kenne das Material aus der Krankenpflege. Ich habe damit immer die Füße der alten Damen mit Hallux Valgus gepolstert. Mir gibt es auch enorme Erleichterung und ich bin so froh, dass Tahoe mir geholfen hat. Wir laufen gemeinsam weiter und beschließen nicht bis Mazama durchzulaufen. Es geht in der Hitze wieder durch staubige, trockene, verbrannte Wälder und mit den klebenden Klamotten ist es kein Spaß. Es ist eine gute Entscheidung, nicht durchzulaufen und sich etwas mehr zu schonen. Wasser bekommen wir durch ein kleines, übriggebliebenes Schneefeld. Nachdem ich die Entscheidung angenommen habe, wurde es auch noch ganz nett. Tahoe hat noch ein Haus in der Schweiz und lernt deutsch. So gibt es noch eine runde Deutsch- und Englischunterricht von Zelt zu Zelt und als er mir erklärt, dass das Gebrüll, welches wieder einsetzte, ein Bullfrog sei, war der Abend noch super lustig und ich war mit der Welt auch wieder im Guten.
Frühstücken, duschen und Wäsche waschen in Mazama Village: was für ein Fest. Sowie Essenspaket abholen mit super Essen drin. Tahoe nimmt das Angebot eines Campers, eine Mitfahrgelegenheit nach Shelter Cove zu bekommen, sofort an. Ich will weiter laufen. Vor mir liegt der berühmte Cater Lake und ich bin immer noch Thru Hiker und will es auch bleiben, auch wenn klar ist, dass es hinter dem Crater Lake brennt und ich von dort bis nach Shelter Cove das Gebiet umfahren muss. Crater Lake ist atemberaubend. Vielleicht sogar der imposanteste Platz der ganzen Tour. Gut das ich gelaufen bin.
An der Sperrung des PCTs komme ich erstmal nicht weg, ich muss ziemlich lange an der Interstate warten und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen. Der Platz ist mir unheimlich. Heruntergekommene Häuser, geschlossene Geschäfte und nur ein in die Jahre gekommenes Hotel. Dazu die Hitze, der Staub und der Lärm, der mehrspurigen Interstate. Ich hoffe, hier nicht über Nacht hängen zu bleiben.

Nach einer gefühlten Ewigkeit werde ich mitgenommen. Das ist meine unheimlichste Fahrt. Erst Trump Progaganda und dann fuchtelt der ältere Herr noch mit einer Knarre in meiner Richtung, er hätte keine Angst vor Hikern wie mir. Wiso auch, die Angst ist bei mir. Ich bin nur froh in Shelter Cove angekommen zu sein, nette andere Hiker kennen zu lernen und einen freundlichen Abend in dem Resort zu verbringen.
An Seen Ruhe und Frieden finden
Meinen ersten Ruhetag nach langer Zeit im Shelter Cove geniesse ich sehr. Erholen, essen, waschen, das übliche Programm. Noch eine nette Unterhaltung mit einem Anglerpäarchen, die mir erzählen, dass sie in Europa am liebsten in Deutschland gelebt haben, da es sie an Oregon erinnerte.


Mir geht es auch so. Oregaon ist für mich trotz der Hitze bisher der angenehmste Teil, da es so viel mehr Wald und Wasser hat wie in Kalifornien. Auf dem Hike ist mein Highlight der Olallie Lake bei km 3296.5. Das kleine Olallie Lake Resort ist so entspannt, der Besitzter ebenfalls und der Blick über den See zum Mt. Jefferson ist umwerfend. Das ist ein Platz an dem ich bleiben könnte. Die Ruhe entspannt mich augenblicklich und ich empfinde Frieden und Ruhe.
The trail provides
Wieder durch Hitze und Staub, ein Tag der wahnsinnig anstrengend ist und an dem ich nicht weiß, ob ich es schaffe, meine geplannten Kilometer zu laufen. Oregon soll ja so leicht und langweilig sein. Ist es überhaupt nicht. Ich fühle mich die ganze Zeit weiterhin gefordert und wünsche mir ein Ende der Strapazen und etwas mehr Entspannung. In der Einförmigkeit der Landschaft taucht unerwartet das Schild „The trail provides“ auf. Unglaublich Trailmagic in dieser Hitze? Das Schild sieht exakt aus wie in Dunsmuir. Ist es ein typisches Motto von Trail Angeles und ein typischer Stil oder treffe ich etwa wieder auf Ducky’s Dad? Nee, das glaube ich nicht. Das ist sicherlich ein typischer Slogan und eintypisches Design. Es folgen weitere bekannte Schilder.

Und wer sitzt da in dieser rauen und wilden Ödnis ? Ducky’s Dad und seine Frau. Unglaublich, dass ich sie hier wiedertreffe. Ich werde mit „Dirk wir haben auf dich gewartet“ begrüßt. Ich freue mich riesig, sie widerzusehen. Wir treffen so viele Menschen auf dem Trail. Es ist ein Kommen und Gehen, welches mir oft zuviel ist. Aber Menschen mehrmals zu treffen und eine schöne Zeit zusammen zu haben, macht mich total glücklich. Jetzt treffe ich auch noch Ducky`s Dad und Mom wieder, die uns so herzlich aufgenommen und bei denen ich mich sofort zuhause gefühlt. Das ist wirklich unglaublich.

Und es gibt sogar wieder Trail Magic. Ich bin total gerührt als sie mir auch noch offenbarten, sie hätten gerechnet, wann ich ankommen müsste und auf mich gewartet. Soviel Gastfreundschaft beschämt mich total. Das kann ich mir in Deutschland kaum vorstellen. Es fühlt sich so an, als würden wir uns schon ewig kennen. Ich habe mich bei denen so zuhause gefühlt wie sonst nirgends auf dem Trail. Aber trotzdem will ich weiter. Mir ist es absolut wichtig, so schnell wie möglich Silja und Pita wieder zu treffen. Meine persönlichen Wünsche sind da zweitrangig. Der Plan ist und bleibt, soviel wie möglich gemeinsam zu machen. Und so verabschiede ich mich nach einer Weile und ziehe weiter. Bis zum Mt Hood ist es nicht mehr weit und ich setzte zum Endspurt an.“

PiSiDi wieder zusammen auf dem PCT:
Silja:
Und dann ist es so weit: es ist Zeit, den letzten Abschnitts des PCTs zu laufen. Ich verabschiede mich von Honey Badger und den zwei Brüdern. Winchester bringt mich noch zur historischen Timberline Lodge am Fuße des Mount Hood. Ich und Pita freuen uns riesig, Dirk wieder zu sehen. PiSiDi sind wieder zusammen auf dem PCT. Auf der Terasse trinken und essen wir noch zusammen etwas. Dann nehmen wir auch Abschied von Winchester. Dirk findet auf einem Mülleimer noch ein paar ausgelaschte Trail Runner. Aber sie sind in einem besseren Zustand, wie seine Schuhe und so kommt er kurzerhand zu seinem 4. Paar Schuhe.
Ich bin zwar nicht den Abschnitt Oregon gelaufen, aber ich habe zumindest die Grenze von Kalifornien nach Oregon überschritten. Und jetzt werde ich die letzten Kilometer von Oregon nach Washington laufen.
Dirk hat unser Zelt hinter der Timberline Lodge in einem kleinen Wäldchen aufgestellt. Ich freue mich wieder in den Bergen zu sein, genieße den Blick auf Mount Hood mit seinen Gletschern und den vielen bunten Bergblumen um uns herum. Pita freut sich vor allem über die Schneefelder, in denen sie wieder durchdrehen kann.
Am Nachmittag läuft uns Kernal, ein anderer PCT Hiker über den Weg. Wir erkennen ihn zuerst gar nicht. Er trägt normale, saubere Kleidung, ist frisch geduscht und rasiert. Seine Eltern haben ihn für eine Nacht in der Lodge besucht. Ein kurzer Abstecher in die Zivilisation macht oft einen großen Unterschied.
Am nächsten Morgen stehe ich früh auf und gehe zur Timberline Lodge zum Wasser holen und bin irritiert über den Anblick, der sich mir bietet. Ein Skifahrer nach dem anderen, gefolgt von Snowboardern stapfen an der Lodge vorbei. Es sind sicherlich hunderte. Im ersten Moment bin ich verwirrt: ein etwas ungewöhnliches Bild für Ende Juli. Zudem ist mir noch zu deutlich die Rekordhitzewelle der letzten Wochen in Erinnerung, da passt Skifahren einfach nicht dazu. Aber Mount Hood ist dafür bekannt und beliebt, dass ganzjährig Ski gefahren werden kann.
Wir lassen das berühmte Mittagsbüffet in der Timberline Lodge aus, da Pita nicht mit rein darf und wir sie nicht so lange draußen auf der Terasse warten lassen wollen. Ein bisschen enttäuscht bin ich darüber schon, aber das wichtigste ist, dass Pita und ich wieder auf dem PCT sein können. Und dann heißt es wieder laufen, laufen, laufen. Ich komme nur schwer wieder in den Rythmus. Ich habe mich definitiv zu wenig in den letzten zwei Wochen bewegt und zu viel gegessen. Trotzdem freue ich mich sehr, wieder auf dem Trail, in der Natur und bei Dirk zu sein. Einen ganzen Tag genießen wir den Blick auf Mount Hood. Aber auch hier ziehen immer wieder Rauchschaden über den Gipfel. Auch hinter Mount Hood wütet ein Waldbrand. Die Nacht verbringen wir im Wald auf einem weichen Moosbett, so weich haben wir bisher auf dem ganzen PCT noch nicht geschlafen.

Der erste richtige Regen und viele traumhafte Wasserfälle
Da die Temperaturen angenehm sind, entscheiden wir uns, auszuschlafen und stehen erst um 6 Uhr auf. Im Laufe des Vormittags fängt es mit regnen an. Wir müssen uns Regenjacke und Regenhose anziehen und freuen uns darüber, als ob Weihnachten wäre. Wir können es gar nicht fassen, unser erster Regentag auf dem PCT, vier Monate haben wir darauf gewartet. Für die Mittagspause stellt Dirk das Zelt auf und so können wir im Trockenen essen und ein Nickerchen machen. Wir laufen durch alte Rododendronwälder. Leider sind diese gerade verblüht, die Farbenpracht muss sicherlich wunderschön sein. Der Regen hält mich nicht davon ab, die leckeren Blaubeeren am Wegesrand in mich reinzustopfen.
Wir kommen an unserem Schlafplatz an, leider regnet es noch immer. Statt mit Staub haben wir jetzt mit nassem Dreck und klebrigen Schlamm, zu kämpfen. Wir sind nass und voller Match, der Hund ist nass und voller Matsch und uns bleibt nichts anderes übrig, als in diesem Zustand ins Zelt zu krabbeln. Wir versuchen, Pita so weit wie möglich von unseren Schlafsäcken fern zu halten. In dieser Nacht bekommt sie, statt Dirks Daunenjacke, nur meine Regenhose zum drauf liegen. Aber irgendwann wache ich nachts auf und habe einen nassen, dreckigen Köter auf meinem Schlafsack liegen, ich kann es Pita nicht übel nehmen. In der Früh ist sie immer noch nicht ganz trocken. Und es nisselt immer noch leicht. Wir frühstücken schnell und packen unser ganzes nasse Zeug ein. Wir verlassen den PCT. Zum einen, weil er wegen Waldbrand gesperrt ist, aber hauptsächlich weil die Alternativroute nach Cascade Locks über den Eagle Creek Trail viel schöner und ein Highlight ist. Wenn mensch wie ich Wasserfälle liebt, dann ist dieser Trail definitiv ein Muss. Wir wandern an einem Wasserfall nach dem anderen vorbei. Der Regen hat mittlerweile aufgehört. Die beiden schönsten Wasserfälle sind der Twisted Fall und der Tunnel Fall.

Brigde of Gods
Und dann sind wir in Cascade Locks, dem letzten Ort in Oregon und der tiefste Punkt auf dem PCT mit seiner berühmten Bridge of Gods, die nach Washington führt.
Die Metallbrücke ist eigentlich sehr hässlich, aber für die PCT Hiker ein wichtiger Punkt. Nur noch ein Abschnitt gilt es zu bewältigen. Wie kommt es, dass so ein hässliches Bauwerk einen so besonderen Namen hat? Die Brücke der Götter war der Sage der First Nations nach eine natürliche Brücke aus Felsen, die die beiden Ufer des Columbia Rivers verbunden hat. Auf jeder Seite des Ufers lebte ein Sohn des Großen Geistes, daher Bridge of Gods. Eines Tages kam eine holde Maid vorbei und beide Brüder wollten sie für sich haben. Sie fingen an, um sie zu streiten und bewarfen sich mit Felsbrocken. Die Felsbrücke wurde dadurch zerstört, an der Stelle sind noch Stromschnellen und Felsbrocken zu sehen. Der Große Geist war so erzürnt über den Streit seiner Söhne, dass er sie in Berge verwandelte, Mount Rainier und Mount Hood. Die holde Maid wurde nie wieder gesehen. Wer weiß, vielleicht wurde sie in Mount St. Helen verwandelt.
Wir wollen zum Campingplatz des Ortes, kommen aber nicht weit. Die große Schlange vor der Eisdiele überzeugt uns, hier eine Pause einzulegen. Hier gibt es das größte Softeis, dass wir je gesehen haben. Wir entscheiden uns für die mittlere Größe. Bei der riesigen Variante haben wir die Sorge, dass uns die Hälfte runter fällt. Dirk isst dafür einfach zwei.
Am Campingplatz breiten wir erst Mal alles aus und lassen es trocknen. Wir sind nicht die einzigen PCT Hiker, die das machen. Und so gibt es auf dem Teil des Campingplatzes, wo die PCTler ihre Zelte aufstellen dürfen, kaum eine freie Stelle. Wir sind froh, dass es gestern geregnet hat und damit die Temperaturen ganz angenehm sind. Abends gehen wir noch in die Brauerei und feiern den Abschnitt Oregon mit einem gratis PCT Bier.
