Spirtualität von Naturvölkern in Bezug zu unserer modernen Lebensweise

Religion und Spiritualität hat im sozialen Leben der Menschen stets eine große Rolle gespielt. In unserer heutigen westlichen Gesellschaft weicht sie zunehmend einem Materialismus. Der Glaube an eine persönliche Verbesserung seiner Situation der durch eine materielle Verbesserung zeigt sich in einer nie da gewesenen Habgier mit der der westliche Mensch sich der Erde bemächtigt. Es fehlt ein umfassender Sinn und Zweck und die isolierte menschliche Subjektivität verliert sich in der geplünderten Landschaft. Zunehmend werden die Grenzen und die Ausweglosigkeit dieser Geisteshaltung bewusst. Als Ausweg wird vielfach eine Zuwendung zu religiösen/spirituellen Werten angesehen und die Religionslosigkeit als Debakel in der Menschheitsgeschichte beschrieben. (vgl. Ptolemy Tompkins). Jared Diamond misst in seinem Buch „Vermächtnis, Was wir von traditionellen Gesellschaften lernen können“ zu unterschiedlichen Stadien der Gesellschaftsentwicklung Religionen bestimmte Stabilisierungsfunktionen zu:

Religionen können auch heute noch wichtige stabilisierende Funktionen übernehmen. Die Menschen sind in ihrer materiellen Entwicklung weit fortgeschritten, in ihrer Entwicklung als Spezies ähneln wir in vielerlei Hinsicht noch unseren Vorfahren vor 10000 Jahren. In unserer aktuellen Lebenssituation übernehmen Religionen mehr die Aufgabe der Stabilisierung der individuellen Situation, sie geben Halt und füllen die Sinnlosigkeit der modernen Existenz mit Lebenssinn. Ein Blick auf zurückliegende Lebensbedürfnisse kann somit auch eine Hilfestellung bei der Bewältigung der „neuzeitlichen Lebensaufgabe“ sein. Aus dieser Sichtweise heraus spielt es keine Rolle welcher Religion man angehört, es ist nur wichtig, diesem Bedürfnis nach“ Verbindung zum Übernatürlichen“ nachzukommen. Aus Sicht der Wildnispädagogik sind die Glaubensvorstellungen interessant die einen großen Naturbezug aufweisen. Die monotheistischen „ modernen Religionen“ nehmen hauptsächlich Bezug auf menschliche Verhältnisse und blenden die Natur aus bzw. ordnen sie dem Menschen unter.

Alle Naturvölker Leben in einem starken Naturbezug. Es ist für das Überleben der Gruppe wichtig in Einklang mit den Naturgesetzen zu leben und ist somit deren Lebensgrundlage. Dies geschieht durch eine Anpassung der Menschen an ihre natürliche Umgebung. Die Vorstellung einer besseren Natur ist weit verbreitet. Neben der sichtbaren materiellen Welt existiert eine transzendente Welt. Der Mensch nimmt Einfluss auf diese durch sein Verhalten und umgekehrt nimmt diese Einfluss auf die sichtbare Welt. Diese Welt zeigt sich nach der Lakotafrau Flaine Jahner manchmal flüchtig wenn sich Linien, Farben und Bewegungen steigern und sich etwas Heiliges zeigt. Diese transzendente Welt erscheint in den verschiedenen Kulturen in unterschiedlicher Ausprägung. Verbreitet ist der Glaube an Geister die in der Landschaft wohnen und an Tiergottheiten. Der Mensch steht in Kontakt mit Ihnen und sie reagieren auf sein Verhalten. Zieht sich z.B. Wild zurück und der Jagderfolg bleibt aus wird sehr oft auf einen Tabubruch geschlossen der die Gottheit verärgert hat. Neben diesem Aspekt hat die spirituelle Welt Einfluss auf viele weitere wichtige Belange der Menschen. Hierzu gehörten z.B. auch Krankheiten, der Verlauf von Konflikten oder die Fortpflanzung. Durch Rituale ö. ä. versuchen die Menschen diese Gottheiten zu besänftigen bzw. zu beeinflussen um das Überleben de Gruppe zu sichern.

Schamanismus

Ein interessanter Aspekt einiger indianischer Schamanen (insbesondere in Südamerika) der meiner Ansicht nach hilfreich in unseren modernen Problemlagen sein kann ist, dass sie sich die gewünschte Möglichkeit vorstellen „ sie träumen den Wunsch oder das Ziel“ und es manifestiert sich dadurch. Dieses Verhalten kann meiner Ansicht nach mit den Methoden der Autosuggestion verglichen werden. Anders ausgedrückt ist es auch ein Ansatz der sich in der modernen Psychologie wieder finden lässt. Patienten müssen ihre Sichtweise ändern und die Dinge in eine neue Beziehung bringen um Heilung zu erfahren. Der Mensch konstruiert seine Persönlichkeit und seine Umgebung selbst. Er kann das was er gerne sein möchte verwirklichen. Traditionell sitzen bei einigen Stämmen die Stammesältesten zusammen und meditieren darüber bzw. visualisieren die Welt wie sie sie ihren Enkeln überlassen wollen.

Heilung von Krankheiten ist in vielen indianischen Kulturen das Erwachen des Spirits der Vision von dem gesunden Zustand und der Erfahrung der Unendlichkeit. Dem Gefühl der Verbundenheit mit allem Leben. Nach Barry Lopez ist generell das Bestreben eingeborener Völker in der ganzen Welt eine Übereinstimmung mit dem Land zu erreichen, sich in es einzufügen. Der Traum von dieser transzendenten Übereinstimmung schloss die Entwicklung einer Jäger- und Sammlerbeziehung zur Erde ein, bei welcher die gegenseitige Achtung vorherrschen musste; aber es bedeutete auch die Erhaltung jener Geschichten, die das Volk an das Land bindet. Elanie Jahner beschreibt ebenfalls das die Vorstellung von Jagdvölkern , dass innerhalb der physikalischen Landschaft eine spirituelle Landschaft existiere einhergeht mit der Vorstellung mit dieser korrespondieren zu können.

Das Weltbild das in den „meisten wildnispädagogischen Schulen“ vertreten wird orientiert sich an der Schule von John Young. John Young versucht in seiner Schule die Essenz aus den Glaubensvorstellung der Naturvölker in seiner Schule zu lehren. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf der Kultur der First Nations.

Diese schamanische Sichtweise findet sich nicht nur in entfernten Kulturen. Unsere vorchristliche „Religion“ der Germanen ähnelt z.B. sehr der Mythologie sibirischer Schamanen. Die Welt nach der germanischen Mythologie entspricht in etwa der klassisch-sibirisch schamanischen Kosmologie der drei Welten. Ähnlichkeiten mit Reisen in die oberen und unteren Welten finden sich weltumspannend von Europa über Asien bis zu den Schamanen der Inuit in Ostgrönland.

Aus diesem Grunde möchte ich im folgenden das Weltbild der Germanen vorstellen, da es unserer kulturellen Situation „näher“ liegt. Viele Sagen, Sitten und Gebräuche die sich in unserem Kulturkreis finden lassen sich auf Götter bzw.gottesdienstliche Handlungen aus grauester Vorzeit zurückführen.(vgl. Dahn Walhall germanische Götter-und Heldensagen… ).Die Kirche hat altheidnische Feste mit christlichen zusammengelegt, z.B. das Julfest, die Wintersonnenwende, Einzug der Frühlingsgöttin, Ostara mit Ostern, Sommersonnenwende mit Johanni. Ebenso sind die Züge der Götter auf die christlichen Heiligen übertragen worden. Wotan wurde zu Sankt Martin, Freyr zu Sankt Leonhard, Baldur zu Sankt Georg. Das gleiche erfolgte mit Heilpflanzen. Alte Namen und Beschreibungen wurden übernommen und in einem christlichen Rahmen eingebettet. Der Gundermann z. B. galt bei den Germanen als Verkörperung der guten Haus- und Hofgeister die den Menschen in der Not ihre Hilfe anboten. Auch der Name lässt auf die Heilwirkung schließen. „Gund“ war die Bezeichnung für Eiter und so wird und wurde der Gundermann bei allen eitrigen Prozessen angewendet. Die Beschäftigung mit dem germanischen Weltbild, kann evtl. für einen Europäer ein einfacherer Weg zu einer spirituellen Naturverbundenheit darstellen, als die Auseinandersetzung mit der Kultur der First Nations oder anderen kulturell entfernteren Glaubensvorstellungen.