Der Tongass National Forest – Alaskas grünes Herz
Wenn man an Alaska denkt, erscheinen vor dem inneren Auge endlose Wälder, schneebedeckte Berge und wilde Flüsse. Doch ein Ort sticht besonders heraus: der Tongass National Forest. Mit über 68.000 Quadratkilometern ist er der größte National Forest der USA – ein Ökosystem von globaler Bedeutung.
Ein Regenwald im hohen Norden
Der Tongass ist kein gewöhnlicher Wald. Er ist Teil des größten gemäßigten Regenwaldes der Erde. Riesige Sitka-Fichten und Hemlocktannen, manche über 800 Jahre alt, bilden ein grünes Dach, unter dem Schwarzbären, Wölfe, Weißkopfseeadler und unzählige Lachse ihre Heimat haben.
Besonders die Lachse machen den Tongass einzigartig: Sie ziehen von den Flüssen hinaus ins Meer und wieder zurück – und verbinden so Wald, Wasser und Menschen in einem jahrtausendealten Kreislauf.
Lebensgrundlage der First Nations
Für die indigenen Völker der Region – darunter die Tlingit, Haida und Tsimshian – ist der Tongass mehr als nur ein Wald. Er ist Kulturraum, Speisekammer und spirituelle Heimat. Die Menschen leben seit Jahrtausenden mit den Ressourcen des Waldes: Lachs, Beeren, Wild, aber auch Zedernholz für Kanus, Totempfähle und Häuser.
Die Geschichten und Lieder dieser Gemeinschaften sind tief mit den Bäumen, Flüssen und Tieren verbunden. In ihren Worten ist der Tongass kein „Rohstoff“, sondern ein lebendiges Wesen, das Respekt und Fürsorge verdient.
Bedrohung durch Abholzung und Straßenbau
Doch dieses grüne Herz schlägt nicht ungestört. Jahrzehntelang wurden große Teile des Waldes abgeholzt, vor allem die wertvollen Uraltbäume. Noch heute steht der Tongass immer wieder im Zentrum politischer Debatten: Soll er vor wirtschaftlicher Nutzung geschützt oder für Straßenbau und Holzeinschlag geöffnet werden?
Straßenprojekte, die den Wald erschließen, gefährden nicht nur den Lebensraum seltener Tierarten, sondern auch die Lachsflüsse – die Lebensadern der indigenen Gemeinschaften.
Klimaschutz aus dem Norden
Was viele nicht wissen: Der Tongass ist einer der größten Kohlenstoffspeicher Nordamerikas. Die alten Bäume binden enorme Mengen CO₂ und sind damit ein entscheidender Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise. Ihr Verlust wäre nicht nur ein lokales, sondern ein globales Problem.
Was den Tongass einzigartig macht
- Größter Nationalwald der USA: rund 16,7 Millionen Acres (68.000 km²).
- Lebensraum für Bären, Wölfe, Weißkopfseeadler und die weltweit größte Population von Wildlachsen.
- Einer der wichtigsten Kohlenstoffspeicher Nordamerikas: die alten Sitka-Fichten und Hemlocktannen binden gewaltige Mengen CO₂ und wirken als natürliche Klimabremse.
- Seit Jahrtausenden Heimat der indigenen Völker Tlingit, Haida und Tsimshian, die vom Wald, den Küsten und den Flüssen leben.
Der geplante Straßenbau – Worum geht es?
- Im Zuge der „Roadless Rule“-Debatte wurde der Tongass immer wieder zum politischen Zankapfel.
- Die „Roadless Rule“ von 2001 schützt unerschlossene Wälder vor Straßenbau und Abholzung.
- Unter der Trump-Regierung wurde dieser Schutz 2020 aufgehoben, wodurch der Bau neuer Straßen und kommerzielle Holzernte erleichtert wurden.
- 2023 stellte die Biden-Regierung den Schutz wieder her – doch das Thema bleibt brisant, da wirtschaftliche Interessen (Holzindustrie, Bergbau) immer wieder Druck aufbauen.
Gefährdungen durch Straßenbau
- Zerstörung unberührter Natur
- Straßenbau erfordert Rodungen und Erdbewegungen.
- Pro Meile Straße entstehen laut Studien bis zu 5–10 Hektar indirekt geschädigter Waldfläche (Erosionszonen, Invasion fremder Pflanzen, Fragmentierung).
- Zerschneidung von Lebensräumen
- Wildtiere wie Braunbären und Wölfe meiden Straßen, wodurch ihre Wanderungen und Jagdgebiete eingeschränkt werden.
- Lachsbäche können durch Sedimenteintrag aus Straßenarbeiten verschlammen – mit dramatischen Folgen für Fischbestände.
- Klimawirkung
- Abholzungen im Tongass setzen riesige Mengen CO₂ frei.
- Das gefährdet nicht nur lokale Ökosysteme, sondern schwächt auch den globalen Klimaschutz.
- Kulturelle Bedrohung
- Viele spirituelle und historische Stätten der First Nations liegen in den Wäldern.
- Straßenbau erleichtert den Zugang für industrielle Nutzung – und erschwert den Schutz indigener Lebensräume.
Perspektive der First Nations
- Tlingit, Haida und Tsimshian betrachten den Tongass nicht als Ressource, sondern als Verwandten: „The forest is our supermarket, our church, our pharmacy – and our history book.“ (Zitat eines Tlingit-Ältesten in lokalen Anhörungen)
- Straßenbau und industrielle Abholzung bedrohen traditionelle Lebensweisen:
- Subsistenzjagd und Fischfang werden beeinträchtigt.
- Heilpflanzen und Baumarten, die für Handwerk, Kunst und Medizin genutzt werden, verschwinden.
- Der Verlust von Land schwächt die kulturelle Weitergabe von Wissen an kommende Generationen.
- Viele indigene Organisationen wie der Central Council of the Tlingit and Haida Indian Tribes of Alaska haben daher wiederholt gegen die Aufhebung der Roadless Rule protestiert und betont, dass indigene Mitbestimmung in der Landnutzungspolitik unverzichtbar ist.
Was auf dem Spiel steht
- Für die Natur: Verlust eines der letzten großen, intakten Regenwald-Ökosysteme.
- Für die Menschen: Bedrohung der Lebensgrundlagen und kulturellen Identität indigener Gemeinschaften.
- Für das Klima: Schwächung einer der größten Kohlenstoffsenken der Erde.
Zorn über Ausschluss – Tlingit & Haida protestieren
Tlingit & Haida kritisieren scharf, dass die Aufhebung der Roadless Rule ohne ihre Einbindung erfolgte:
„We do not recognize the validity of federal actions impacting our traditional homelands when undertaken without meaningful government-to-government consultation […] The Tongass is more than an ecosystem—it is our home. It is the foundation of our identity, our culture, and our way of life.“
Tlingit & Haida
„Ein weiteres gebrochenes Versprechen“
Bob Starbard (Hoonah Indian Association) erinnert an enttäuschte Erwartungen bei früheren Konsultationen:
„The Tongass… is part and parcel of being Tlingit. … It became clear at the very end… that the game had already been fixed.“
Alaska Public Media
Marina Anderson (Kasaan) ergänzt, dass die Konsultationen oft eine reine Symbolhandlung gewesen seien:
„Our participation… was a form of box-checking… all of the information… was disregarded completely.”
Alaska Public Media
Verpflichtungen zurückgewinnen
Nach der Wiederherstellung der Roadless Rule 2023 zeigt sich Tlingit & Haida erleichtert und betont die wichtige Rolle der Schutzmaßnahmen:
„Our way of life is intertwined with these lands and waters, and we have a deep interest and duty to protect the traditional lands of our people in perpetuity.“
Alaska Native News
Lokale Stimmen, die konkrete Folgen benennen
Joel Jackson (Organized Village of Kake) verweist auf jahrtausendealte Bindung an die Region:
„We still walk and travel across this traditional and customary use area… Our way of life depends on it.“
Zentrum für Biodiversität
Nathan Moulton (Hoonah Indian Association) hebt allgemeine Bedeutung für Kultur, Nahrungssicherheit und Gemeinschaft hervor:
„The Roadless Rule reduces the risk of long-term exploitation… promotes community vibrancy, Alaska Native cultures and food security.“
Zentrum für Biodiversität
Kernthemen im Überblick
Thema | Bedeutung für indigene Gemeinschaften |
---|---|
Fehlende Konsultation | Entscheidungen getroffen ohne Gesetzeskonformität oder Respekt für indigene Souveränität. |
Kulturelle Existenziellen | Löschung der Verbindung zu Heimat, Wissen und Identität. |
Lebensgrundlagen bedroht | Fischerei, Jagd, traditionelle Ressourcen unsicher – damit auch Nahrung und Ökonomien. |
Klima & Ökosystem | Schutz des Regenwaldes ist essenziell für CO₂-Speicherung und Biodiversität. |

Die Alaska Wilderness League engagiert sich für den Schutz der Natur in Alaska. Sie hat eine Kampagne gegen die Aufhebung der Roadless Rule gestartet.
Sie finden die Kampagne unter dem folgenden Link: Alaska Wilderness League
Fazit
Der Tongass National Forest ist mehr als ein Wald: Er repräsentiert Heimat, Kultur, Klimagewinn und Zukunft. Die Stimmen der First Nations zeigen, dass Infrastruktur nicht nur technisch gedacht werden darf! Deshalb ist die Unterstützung extrem wichtig.